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Vor 20 Jahren war alles noch im Lot – oder beinahe
von Ghita Giede

Die Kostenträger beschlossen, die Wirtschaftlichkeitsreserven unserer Branche (O,x Prozent der gesamten Kosten) zur Rettung des Gesundheitswesens zu nutzen. Somit wurden die Preise für Waren und Leistungen nicht so erhöht wie die Preise und Leistungen in anderen Bereichen. Löhne und Gehälter stiegen ebenso wie die Lebenshaltungskosten. Im Jahre 1981 wurde die erste Null-Runde eingeläutet. Unsere Preise für handwerkliche Leistungen wurden im Jahre 1999, nach 4 Jahren, um lächerliche 3,8 Prozent erhöht. Allerdings wurden die Preise für bestimmte Teile unserer Waren und Leistungen gestrichen bzw. verringert. Die Gehälter stiegen, die Preise für Benzin, Heizöl usw. wurden und werden durch die Regierung (Ökosteuer) unnötig erhöht. Die Leistung bleibt also auf der Strecke.

Dass die Bewertung unserer Leistung so gering geachtet wird, ist der Verdienst des Bundesinnungsverbandes und der Landesinnungen, die für die Preisverhandlungen mit den Kostenträgern verantwortlich sind. Dass sie damit die Versorgung der Alten, Kranken und Behinderten verschlechtert haben, ist ihnen sicher noch nie aufgefallen.

Es gab viele gute Ideen, auch die Einrichtung der Fallpauschalen war, so wie sie angedacht war, zu begrüßen und alle hätten damit umgehen können. Das Dumme daran war, dass die „Großen" unserer Branche den Rachen nicht voll genug bekommen haben und durch das Herunterfahren der Vergütungen eine Ausweitung ihrer Geschäfte erwarteten. Es wurden Genossenschaften installiert, an denen wieder nur die „Großen" verdienten. Die „Kleinen" werden mit Jahresboni beruhigt.

Wenn allerdings diese mit den Lieferantenpreisen der nicht genossenschaftlich organisierten Betriebe verglichen werden, kann man nicht feststellen, wer hier Profit macht, denn die Preise sind sich sehr ähnlich. Der Jahresbonus, der mit den Hauptlieferanten ausgehandelt wird, gehört den nicht gebundenen Sanitätshäusern und wird nicht aufgeteilt unter den Genossen.

Die Leistung, die zur Versorgung eines Kunden (Patienten – Versicherten) gehört, kann bei Abholpreisen wegfallen oder sehr gering sein. Wird eine Leistung gefordert, so kostet diese einen bestimmten Betrag. Diese Beträge können erarbeitet und als AWs (Arbeitswerte) niedergelegt werden, wie es in anderen Branchen schon immer üblich ist. Sogar ein Arzt erhält nach Art solcher „AWs" die Vergütung für seine Leistungen, wieso nicht wir? Jedem Handwerker werden seine Anfahrtskosten ersetzt. Wir müssen umsonst zum Kunden kommen. Wie wir das bewältigen und vor allem finanzieren, wenn die Kasse die Ware und dazugehörige kostenlose Leistung verlangt, interessiert niemand.

Uns werden einfach Arbeitszeiten gestrichen, obwohl der Sachbearbeiter keine Ahnung hat vom Montieren z. B. einer Klapp-Bügelstütze für die Toilette. Eigentlich müsste eine solche Stütze von zwei Mitarbeitern angebracht werden, damit die Montage auch exakt und ordentlich ausgeführt wird. Wie soll eine solche Arbeit, die bei der AOK Karlsruhe mit DM 36,06 ( incl. Anfahrtkosten) vergütet wird, noch kostendeckend ausgeführt werden? Auch die Kollegen, die die Preise verhandeln (Oder holen die sich diese nur ab?), können das nicht.

Zur Autorin

Ghita Giede ist vom Sanitätshaus Giede in Karlsruhe. Neben dem Sanitätshaus gehört ein separater Reha-Shop zum Unternehmen. Im Herbst 1999 wurde Ghita Giede zur Vorsitzenden des Bundesverbandes des Sanitätsfachhandels BVS e.V. gewählt.

Veröffentlicht in: MTD, Medizinisch-Technischer Dialog
Heft 5/2001