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Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben der Gesellschaft
© SPD Bundestagsfraktion vom 30.10.00

Anlässlich der Vorlage des Referentenentwurfes zum neuen Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen -SGB IX - erklären der sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adi Ostertag und die SPD-Bundestagsabgeordnete Silvia Schmidt sowie die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis 90 1 Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt:

Wir werden mit dem Sozialgesetzbuch IX für Menschen mit Behinderungen die Beteiligungsmöglichkeiten und die Beteiligungsrechte für eine selbstbestimmte Teilhabe entscheidend verbessern. Dazu gehört die Schaffung von gemeinsamen Servicestellen, die eine umfassende und zügige Beratung und Unterstützung von Menschen mit Behinderungen und solchen, die hiervon bedroht sind, leisten sollen und Schluss machen mit ungeklärten Zuständigkeitsfragen. In Zukunft werden Betroffene nicht mehr monatelang auf die Bearbeitung ihres Antrages warten und während dieser Zeit sich durch alle Instanzen kämpfen müssen.

Ebenfalls verbessern wir die Möglichkeiten zur Durchführung von Massnahmen in ambulanter Form. Das geschieht beispielsweise durch die Einführung von persönlichen Budgets und die Verankerung des Rechtsanspruchs auf Arbeitsassistenz. Ausserdem werden die Möglichkeiten für eine stufenweise Wiedereingliederung erweitert.

Die Verbände und die Selbsthilfegruppen einschliesslich der Interessenvertretungen behinderter Frauen bekommen explizit festgeschriebene Beteiligungsrechte. Auch wird ein Klagerecht der Verbände eingeführt. Werden Menschen mit Behinderungen in ihrem Recht verletzt, dann können die Verbände an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis klagen.

Alle Leistungen, Dienste und Einrichtungen sollen den Betroffenen möglichst weitgehenden Raum zu einer eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Gestaltung ihres Lebens belassen oder überhaupt erst ermöglichen. Das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen wird gestärkt. Das heisst unter anderem auch, dass es gehörlosen und ertaubten Menschen ermöglicht wird, in und mit ihrer Sprache - der Deutschen Gebärdensprache oder mit lautsprach-begleitenden Gebärden - zu kommunizieren.

Ein besonderes Anliegen ist für uns die Verbesserung der Situation von Frauen in der Rehabilitation. Nachdem wir einige Verbesserungen bereits mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter erreichen konnten, normiert das SGB IX gleich zu Beginn, dass den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung zu tragen ist.

Die Sozialhilfe und die Jugendhilfe werden erstmals in den Kreis der Rehabilitationsträger einbezogen. Bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschliesslich der Leistungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und vergleichbarer sonstiger Beschäftigungsstätten entfällt künftig die Prüfung der Bedürftigkeit. Wir machen endlich Schluss mit der Ungerechtigkeit, dass gleiche Sachverhalte ungleich behandelt werden.

Damit lösen wir ein, was wir seit vielen Jahren gefordert und mit der Regierungsübernahme 1998 versprochen haben:

Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen eigenverantwortlich und selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden können. Hierzu stellen wir die Weichen neu.

PM SPD-Bundestagsfraktion vom 30.10.00

Veröffentlicht in: M.S.K. e.V. Blickpunkt
Heft 4/00