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Pflegeversicherung wird Bedürfnissen behinderter Menschen nicht gerecht

Die Pflegeversicherung hat nicht gehalten, was Menschen mit Behinderungen von ihr erwartet haben. So lautet das Fazit einer vom Behindertenbeauftragten des Landes Niedersachsen vorgelegten Dokumentation über die 1998 veranstaltete Fachtagung „Die Pflegeversicherung – Menschen mit Behinderungen ziehen Bilanz”. Vier Jahre nach Verabschiedung des Pflegeversicherungsgesetzes zogen mehr als 100 zum großen Teil behinderte Menschen auf der Tagung Bilanz und hatten wenig Grund zur Zufriedenheit.

Als wesentliche Kritikpunkte nannten die Teilnehmer,

„Niemand”, so erläuterte der Behindertenbeauftragte Karl Finke bei der Präsentation der Dokumentation, „bestreitet, daß die Pflegeversicherung in der Regel für ältere Menschen und deren pflegende Angehörige erhebliche Vorteile gebracht hat. Aber mit den Interessen behinderter Menschen ist sie nicht kompatibel. Deshalb wurde während der Fachtagung erneut die Forderung nach einem eigenständigen Leistungsgesetz für behinderte Menschen erhoben, die ich nachdrücklich unterstütze.”

Ein weiterer Schwerpunkt der Fachtagung war die Diskussion über die Bestrebungen der Leistungserbringer, behinderte Menschen in Pflegeeinrichtungen zu verlegen oder Pflegeabteilungen in Behinderteneinrichtungen zu schaffen. Dies wurde von allen behinderten Teilnehmern abgelehnt. Finke bekräftigte seine ablehnende Haltung gegen diese geplanten „Zwangsverlegungen”. Er stellte aber auch fest, daß ihm aus Niedersachsen hierzu bisher kein einziger Fall bekannt geworden sei.

„Ich fordere die neue Bundesregierung auf, die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Korrektur des Pflegeversicherungsgesetzes zügig umzusetzen, so daß behinderte Menschen nur auf ihren ausdrücklichen Wunsch in Pflegeabteilungen untergebracht werden. Einige der behinderten Menschen brauchen Assistenz und nur wenige darüber hinaus Pflege”, betonte Finke.

Die Broschüre „Die Pflegeversicherung – Menschen mit Behinderung ziehen Bilanz” erscheint in der Schriftenreihe des Behindertenbeauftragten und gleichzeitg im Internet.

Veröffentlicht in: CARE konkret
2. Jg. / Heft 3 / 08. Januar 1999
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